Intermittierendes Fasten – ein praktikabler Kompromiss
Seit mehreren Jahren nehme ich mir das Fasten vor. Eine Woche lang entschlacken, reduzieren, meine Zellen von Müll befreien. Neu booten. Fasten erscheint mir schon lange sinnvoll, logisch und gesundheitsfördernd, aber bisher ist es mir nicht gelungen, den Einstieg zu finden. Warum?
Fragen wie z. B.
wann?
wie lange?
welche Methode?
während des Alltags oder doch besser im Urlaub?
waren willkommene Ausreden. Mein Nachbar schickte mich schließlich von einem Tag auf den anderen in die Spur. Mit einer Fasten-Variante, die er selbst seit geraumer Zeit praktizierte und bereits zehn! Kilo abgenommen hatte. Ich wollte nicht abnehmen, aber das intermittierende Fasten schien mir eine echte Alternative zu sein.
Worum geht es
„Intermittierend“ bedeutet „sich wiederholend“, „in Abständen auftretend“. Beim intermittierenden Fasten geht es nicht um den kompletten Verzicht auf Nahrung, nicht darum, seine Lebens- und Eßgewohnheiten komplett umzustellen, sondern mehr darum, seltener zu essen. Sich nicht ununterbrochen dem heutigen Überangebot an Nahrung hinzugeben, sondern dem Körper die Möglichkeit zu geben, sich die benötigten Nährstoffe aus den Reserven zu holen. Selbst dieser systematische Verzicht über einen längeren Zeitraum bei ansonsten „normalen“ Eßgewohnheiten wirkt sich positiv auf diverse Krankheiten aus, so die Wissenschaftler. Auch in Bezug auf Krebs, Diabetes und Demenz wird dieser Form des Fastens inzwischen nur Gutes nachgesagt.
Wie funktioniert es
Es gibt verschiedene Variaten des intermittierenden Fastens, z. B. einen Tag fasten, einen Tag gewohnte Ernährung. Oder an zwei Tagen in der Woche fasten. Ich entschied mich für die 16/8-Variante, d. h. innerhalb eines Tages sechzehn Stunden lang nur trinken und während der restlichen acht Stunden wie gewohnt weiter machen.
NO MORE EXCUSES! Das war Anfang 2017. Und so ist es mir ergangen:
Tag 1 – 7
Ich begann während der letzten Urlaubtage und befand mich somit im „Chill-Modus“. Mein Abendessen nahm ich in der Regel gegen 19.00/20.00 Uhr ein und verzichtete dann bis ca 12.00 Uhr des nächsten Tages. Mein Frühstück wurde ausschließlich durch Wasser und Kaffee ersetzt, anschließend gab es Sport auf nüchternen Magen, um 12.30 Uhr die erste Mahlzeit. Ich war überrascht wie gut ich mich fühlte, folgte ich doch bisher dem Glaubenssatz „Kind, du musst etwas essen, bevor du aus dem Haus gehst“. Musste ich offensichtlich nicht.
Dann aber setzte der Alltag ein. An drei Tagen beginne ich meinen Tag als Outdoortrainerin, an den anderen zwei Tagen im Office. Ich steckte mir in dieser ersten Woche vorsichtshalber einen Müsliriegel in den Rucksack, um gewappnet zu sein, falls mein Kreislauf mir während des Kurses einen Strich durch die Rechnung machen würde. Nichts dergleichen geschah. Im Gegenteil… ich war voller Energie und erst als ich mittags wieder zuhause war, verspürte ich ein leichtes Hungergefühl. Ich nahm ein frühes Mittagessen oder ein Frühstücksmüsli zu mir, wobei die Auswahl der Speisen meinem Appetit bzw. den familiären Umständen angepasst wurden.
Im Office hingegen, wo ich „nur“ am Schreibtisch saß, knurrte mir deutlich früher der Magen. Ich überbrückte eisern mit Kräuter – oder Fastentee. Zeitweise ließ meine Konzentration etwas nach, gegen Mittag konnte ich die erste Mahlzeit umso genußvoller zu mir nehmen.
Der Abend war und ist die schwerste Zeit der Umstellung. Gerade im Winter fällt der Griff zu den kleinen Sünden leichter, aber nach dem Abendessen sollte Schluß sein! Nix mehr, nada, niente – bis zum nächsten Mittag. Puh. Ich erreichte meine Grenzen. Allein die Vorstellung, bis zum nächsten Mittag nichts mehr zu essen, versetzte mich in eine ungewohnte Nervosität.
Am 5. und 6. Tag ungefähr spürte ich Unruhe. Oder war es Energie? Ich war gegen 5.00 Uhr wach, was am ersten Tag unkritisch war, am zweiten jedoch fühlte ich mich schwach und hatte ein unangenehmes Hungergefühl. Ich hätte so gern gefrühstückt – üppig. Ich war den ganzen Tag gereizt, wartete sehnsüchtig auf die nächste Mahlzeit am Mittag. Zwischendurch Gedanken wie „Och, auf eine halbe Stunde kommt´s doch jetzt nicht an, oder?…“So ging es am darauffolgenden Tag weiter. Hinzu kamen Kopfschmerzen und ein ungewöhnlich starkes Durstgefühl. Ich machte einfach weiter ohne es zu thematisieren. Inzwischen hatte sich mein Essensrhythmus verschoben, ich nahm die letzte Mahlzeit um ca. 18.00 Uhr zu mir.
Tag 8 – 14
Ich hatte mich inzwischen auf zwei Mahlzeiten/Tag reduziert. Dazwischen konnte ich alles zu mir nehmen, was ich wollte, allerdings hatte ich kein Bedürfnis. Körperlich fühlte ich mich wieder fitter, Defizite spürte ich keine. Was mir allerdings schwer fiel: Für die Familie Essen zubereiten und dabei nicht ständig naschen. Selbsterkenntnis war das Thema dieser zweiten Woche. Ich wachte morgens wieder ohne Hungergefühl auf, verspürte sogar nach 17 Stunden teilweise noch keinen Hunger.
Fazit
Abgesehen von den genannten Nebenwirkungen der ersten Tage, ist intermittierendes Fasten aus meiner Sicht sehr zu empfehlen, weil
- es sich großartig in den Alltag integrieren läßt,
- es Dir keine „Verbote“ ausspricht, und du dich langsam herantasten kannst,
- du deine Lebensgewohnheiten bewusst unter die Lupe nehmen kannst,
- du die Mahlzeiten mit mehr Genuß zu dir nimmst,
- du dich besser kennen lernst,
- sich einem die Erkenntnis bezüglich unseres Überangebots an Nahrung förmlichst aufdrängt,
- es ein tolles Gefühl ist, wenn sich der Körper trotz (oder gerade wegen) der langen Essenspause kraftvoll und aufgeladen anfühlt.
Negative Aspekte konnte ich keine entdecken, außer vielleicht die Tatsache, dass sich Gewichtsverlust erst nach ca. zwei bis drei Wochen eingestellt hat. Fachleute bestätigen das. Ich mache auf alle Fälle weiter! Es fühlt sich gut an und ist für mich ein großartiger Kompromiss zum „radikalen“ Fasten – vorerst…
Im GEO-Heft 03/16 findest Du einen interessanten Artikel, der Dir auch die biochemischen Prozesse erklärt, die während des intermittierenden Fastens im Körper geschehen.
Solltest du auch Erfahrungen mit intermittierendem Fasten haben, hinterlasse sie gern im Kommentar!
Nachtrag: Nach knapp drei Wochen kämpfte der Lieblingsmann mit den Nebenwirkungen des Fastens wie z. B. Migräne und Schwindel.
2. Nachtrag ein Jahr später: Der Rhythmus ist inzwischen zu einer Lebenseinstellung geworden. Ich habe ihn bis heute beibehalten. Ich esse bewußter und deutlich weniger als früher und in der Kombination mit regelmäßiger Bewegung fühle ich mich super fit und energiegeladen.