Immunsystem und warum weniger manchmal mehr ist

Bis zu meinem Neunzehnten Lebensjahr war ich Leistungsschwimmerin, später Aerobictrainerin. Je doller, desto besser. Je schneller, desto mehr fun. Stepaerobic, High-Impact-Aerobic und Spinning waren nur einige meiner Favoriten. Ich hatte einen genialen Nebenjob. Gut bezahlt, hoher Spaßfaktor, anderen Menschen etwas geben, während ich selbst meine Trainingseinheit absolvierte. Viele beneideten mich um diesen Job. Ich wiederum beneidete anfangs die Kollegen, die hauptberuflich in der Branche arbeiteten. Sie verdienten weitaus mehr Geld. Allerdings waren sie häufiger krank und zehn Jahre später deutlich gealtert, denn… dieser Job war/ist auch ein Knochenjob.

Ich übe ihn bis heute aus. Mit Leidenschaft. Noch immer nebenberuflich und längst nicht mehr in diesen Dimensionen. Ich hüpfe nicht mehr durch die Kursräume, sondern habe mich auf Outdoorsport spezialisiert. Irgendwann spürte ich plötzlich, dass ich nicht mehr so belastbar war. Nervlich nicht, körperlich nicht. Die Regenerationszeit nach einer intensiveren Trainingseinheit war länger und sobald ich nicht auf die Ermüdungserscheinung meines Körpers hörte, erhielt ich umgehend die Quittung durch eine saftige Erkältung. Anfangs fiel es mir verdammt schwer, diese Veränderung zu akzeptieren, inzwischen lebe ich gut und gesund damit, denn ich weiß…

Moderates Training stärkt unser Immunsystem

Tag und Nacht sind Hunderte Millionen Abwehrzellen in unserem Körper aktiv. Sie sind damit beschäftigt, Viren, Bakterien, Parasiten, Pilze oder körperfremde Stoffe zu beseitigen. Das schlaucht unseren Organismus, aber je gesünder wir leben, desto mehr unterstützen wir sie bei ihrer Arbeit. Sport ist hierbei sehr wirksam und Studien haben ergeben, dass moderates und regelmäßiges Training die Abwehr besser stärkt als einerseits Bewegungsarmut oder  andererseits hochintensives Training.

Wieso dann diese ganze Quälerei

Sobald das Training beginnt, wird vermehrt Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet. Dadurch wiederum erhöht sich das Herzminutenvolumen und der Blutdruck steigt, sogar Entzündungsparameter können im Blut nachgewiesen werden. Muskelkater z. B. sind kleine Entzündungen im Bereich der Muskulatur.

Diese körperlichen Veränderungen unmittelbar nach dem Trainingsbeginn also sind der Startschuss für die Immunzellen. Sie werden aktiv. Je nach Intensität des Trainings passiert nun Folgendes:

Bei moderatem Training fallen Adrenalin und Noadrenalin nach Trainingsende schnell wieder ab, Leukozyten (weiße Blutkörperchen, die in Zusammenarbeit mit anderen Helfern die Krankheitserreger bekämpfen) sinken innerhalb der nächsten Vierundzwanzig Stunden auf Normalwerte ab. Die Immunabwehr arbeitet also nach moderatem Training uneingeschränkt weiter.

Bei intensivem Training hingegen ist die Anzahl der Leukozyten Zweiundsiebzig! Stunden nach dem Trainingsende noch über dem Normalwert. Das sind drei Tage, in denen die Immunabwehrfunktion herabgesetzt wird, da die Abwehrzellen damit beschäftigt sind, die durch das harte Training aufgetretenen Entzündungsprozesse, abzuwehren. Das Immunsystem ist überfordert und Viren, Bakterien oder anderen fiesen Eindringlingen sind in dieser Zeit Tür und Tor. Hier spricht man vom

Open-Window-Phänomen.

Damals war ich jung, konnte nicht genug bekommen und eine Erkältung hielt mich meist nicht davon ab, meine Kurse zu geben. Natürlich schnitt ich mir ins eigene Fleisch, wenn aus der leichten Erkältung z. B. eine fiebrige Sinusitis wurde. Heute spüre ich deutlich, wann ich zurück schrauben muss, bin nicht mehr so ehrgeizig, sondern pflege mich im Krankheitsfall, denn

Intensität, Dauer und Häufigkeit des Trainings stärken oder schwächen das Immunsystem

In diesem Sinne wünsche ich Euch ausreichend Bewegung, bewusste Pausen und eine immer gestärkte Körperabwehr.